Mit einer Reform der Arzneimittelversorgung wird die Ampel-Koalition gegen das Problem der Arzneimittellieferengpässe vorgehen. Die Reform wurde von den Abgeordneten in der letzten Woche in der 1. Lesung beraten. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass europäische Arzneimittelhersteller gestärkt und die Versorgung mit Kinderarzneimitteln besser finanziert werden sollen.
Für Kinderarzneimittel gelten künftig weniger strikte Preisregeln. Pharmafirmen können ihre Abgabepreise für solche Arzneimittel einmalig um bis zu 50 Prozent des zuletzt geltenden Erstattungsbetrages anheben. Die Krankenkassen sollen die Mehrkosten übernehmen. Über eine Änderung der Zuzahlungsregelung soll zudem der Preisdruck bei Festbeträgen gedämpft werden.
Die Zuzahlungsbefreiungsgrenze wird von 30 auf 20 Prozent abgesenkt. Liegt der Preis mindestens 20 Prozent unter dem Festbetrag, kann der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) das Arzneimittel von der Zuzahlung freistellen. Der Entwurf sieht außerdem vor, dass Preisinstrumente für versorgungskritische Arzneimittel bei einem Engpass gelockert werden können. Sollte es zu wenige Anbieter geben, können die Preise von bestimmten Arzneimitteln einmalig um 50 Prozent angehoben werden.
Um den Standort Europa zu stärken, verpflichten wir die Krankenkassen dazu, Antibiotika mit Wirkstoffproduktion in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum bei Ausschreibungen von Kassenverträgen zu berücksichtigen. Auf diese Weise wollen wir kurzfristig die Anbietervielfalt erhalten und sie langfristig erhöhen. Gleichzeitig verbessern wir die Versorgung mit neuen Reserveantibiotika. Das schaffen wir, indem wir Herstellern bei der Markteinführung mehr Gestaltungsspielraum für den Preis einräumen.
Besonders wichtig ist uns auch, dass Apotheken Arzneimittel flexibel tauschen können, wenn ein Präparat nicht vorrätig ist. Deshalb dürfen Apotheker jetzt ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben. Um die Versorgungssicherheit weiter zu verbessern, haben wir für Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken sowie für die Hersteller die Bevorratungsverpflichtungen erhöht. Diese Regelung soll bei kurzfristigen Lieferengpässen oder einem Mehrbedarf die bedarfsgerechte Versorgung sicherstellen.
Damit Lieferengpässe nicht zu Versorgungsengpässen werden, erhält das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusätzliche Informationsrechte unter anderem gegenüber Herstellern und Krankenhausapotheken. Auf Basis dieser Informationen soll in Zukunft ein Frühwarnsystem zur Erkennung von drohenden Lieferengpässen eingerichtet werden.
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