PLENUM 08/2024 | Jan Plobner: Reform des Völkerstrafrechts

18. Juni 2024

In der letzten Woche haben wir abschließend über den neuen Gesetzentwurf, der das Völkerstrafrecht weiterentwickelt, beraten. Das Gesetz stellt sicher, dass Kriegsverbrechen nicht straflos bleiben und die internationale Gemeinschaft Täter von Völkerrechtsverbrechen zur Verantwortung ziehen kann.

Vor über 20 Jahren ermöglichte das deutsche Völkerstrafgesetzbuch erstmalig der Justiz, weltweit begangene Gräueltaten unabhängig vom Tatort und der Staatsangehörigkeit der Täter zu verfolgen. Seitdem spielt die deutsche Justiz eine Vorreiterrolle bei der Verfolgung solcher Verbrechen.

Ein zentraler Punkt des Gesetzentwurfs ist die Klarstellung, dass funktionelle Immunität – also der Schutz von Amtsträgern für Handlungen in Ausübung ihres Amtes – die Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen nicht hindert. Dies ermöglicht die einfachere Verfolgung staatlicher Verbrechen und ist ein klarer Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts. Die uneingeschränkte persönliche Immunität hoher Amtsträger bleibt unberührt.

Das neue Gesetz stärkt auch die Rechte der Opfer. Zukünftig berechtigen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen Personen zur Nebenklage. Opfer können sich somit aktiv am Verfahren beteiligen und haben das Recht auf eine Opferanwältin oder einen Opferanwalt, sowie eine psychosoziale Prozessbegleitung – unabhängig von den Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe. Nebenklagen sind ein gängiges Mittel im nationalen Strafrecht. Für internationale Fälle ist dies ein wichtiger Schritt. Damit die Justiz handlungsfähig bleibt, ist eine Nebenklage allerdings nur möglich, wenn die betroffene Person unmittelbar durch die angeklagte Tat verletzt wurde.

Deutschland erkennt mit dem Gesetz als erstes Land weltweit die Verfolgung queerer Menschen ausdrücklich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Somit können gezielte Angriffe und systematische Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität als Völkerrechtsverbrechen eingestuft und entsprechend strafrechtlich geahndet werden. Auch wenn es in der Praxis wohl kaum zu etlichen Prozessen kommen wird, ist dies ein sehr wichtiges Zeichen gegen zunehmende Homophobie auf der Welt. So könnten beispielsweise Machthaber aus Uganda, die jüngst erst die Todesstrafe auf Homosexualität eingeführt, sowie die „Förderung von Homosexualität“ beispielsweise durch Ärzte aufgrund von Medikamentenvergabe unter Strafe gestellt haben, nunmehr in Deutschland vor Gericht landen.

Zudem schließt das Gesetz Lücken bei der Verfolgung sexualisierter Gewalt. Sexuelle Übergriffe, sexuelle Sklaverei, Zwangssterilisationen und erzwungene Schwangerschaftsabbrüche werden in den Katalog der Völkerstraftaten aufgenommen. Auch das zwangsweise Verschwindenlassen von Personen wird entsprechend den völkerrechtlichen Vorgaben unter Strafe gestellt. Außerdem wird die Verfolgung von Umweltverbrechen auf nicht-internationale Konflikte ausgeweitet und die Verwendung von Splittermunition strafbewehrt.

Mit diesen Änderungen wird das Völkerstrafverfahren besser zugänglich für die internationale Gemeinschaft. Wir erleichtern die Aufzeichnung von Prozessen, verbessern den Zugang zu Verdolmetschungen, schaffen eine Datenbank mit Urteilen in deutscher und englischer Sprache und fördern die Übersetzung wegweisender Urteile ins Englische. Diese Maßnahmen sollen die Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen effektiver und zugänglicher machen und die Rechte der Opfer stärken.

Ein weiterer bedeutender Aspekt des Gesetzentwurfs ist die Einführung spezieller Maßnahmen zur Unterstützung von Zeugen und Überlebenden von Völkerrechtsverbrechen. Diese sollen besser vor Einschüchterung und Vergeltungsmaßnahmen geschützt werden, was insbesondere in Fällen von sexualisierter Gewalt und Verbrechen gegen vulnerable Gruppen von entscheidender Bedeutung ist. Diese umfassenden Änderungen zielen darauf ab, die Effizienz und Gerechtigkeit des Völkerstrafrechts zu maximieren und ein klares Signal zu senden, dass solche Verbrechen nicht ungestraft bleiben werden.

Wir tätigen damit einen wichtigen Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung und Schutz für alle Menschen.

Jan Plobner | Wahlkreis Nürnberger Land und Roth

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➔ Martina Stamm-Fibich: Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige

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