Wir senken das Wahlalter bei der Europawahl auf 16 Jahre – warum das ein guter erster Schritt ist, aber lange noch nicht reicht.
Junge Menschen wissen was sie wollen. Sie sind laut, gehen auf Demonstrationen, engagieren sich in Schulen und Organisationen und machen auf ihre Forderungen aufmerksam. Doch vor allem: Sie sind politisch, das wissen wir nicht erst seit „Fridays for Future“ und „Black lives matter“.
Viele Themen, die in der politischen Debatte stehen, betreffen gerade die jüngeren Generationen und getroffene Entscheidungen haben maßgebliche Auswirkungen auf ihr Leben in den nächsten Jahrzehnten. Das Problem ist, dass die Betroffenen keinerlei Einfluss auf das politische Geschehen haben, weil sie nicht wählen dürfen. Dabei wollen und können Jugendliche ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Arbeiten, Steuern zahlen, einer Partei beitreten, einen Führerschein machen. All das sind Dinge, die wir U18-Jährigen zutrauen, wieso holen wir dann nicht auch in politischen Fragen, die sie maßgeblich betreffen, ihre Stimme ein? Wieso lassen wir manche von ihnen vier Jahre bis zur nächsten Wahl warten, wenn sich auch jetzt schon einen Unterschied könnten?
Dass junge Menschen nicht reif genug oder urteilsunfähig wären, ist eine unberechtigte Sorge. Wenn mich Schüler:innen besuchen und ich mit jungen Menschen in den Austausch komme, merke ich immer wieder, dass das politische Interesse und der Wunsch nach Teilhabe da sind. Außerdem denke ich, dass durch die Möglichkeit zu wählen, die Auseinandersetzung mit politischen Themen und unserer Demokratie nur fördert. Gleichzeitig geben wir der Jugend das Gefühl, gehört und ernst genommen zu werden. Dazu sei auch gesagt, dass Wählende ab 18 sich auch keinen Eignungstests unterziehen müssen, um an der Wahl teilnehmen zu können. Wieso sollte dies dann nicht auch für die U18 Wähler:innen gelten? Unterschiedliche Anforderungen an unterschiedliche Generationen ist im Zusammenhang mit politischer Partizipation und dem Wahlrecht keine Option.
Auch spricht Deutschlands Demografie für die Absenkung. Unsere Bevölkerung altert und während ein Drittel aller Wählenden über 60 ist, bleiben mehrere Millionen Kinder und Jugendliche unterrepräsentiert, und das häufig bei für sie zukunftsträchtigen Entscheidungen.
„Mitgehört“ zu werden reicht nicht aus. Junge Menschen sind in der Lage, selbst eine verantwortungsbewusste Wahlentscheidung zu treffen. Mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei den Europawahlen, geben wir Jugendlichen hier die Chance mitzuwirken und ihre Interessen zu vertreten. Noch wichtiger: wir geben einer ganzen Generation auf EU-Ebene eine Stimme.
Doch mit der Absenkung bei den EU-Wahlen ist es alleine nicht getan. Wir brauchen eine einheitliche europäische Lösung für alle Mitgliedsstaaten. Nur so können wir politische Teilhabe junger Menschen europaweit ermöglichen.
Nicht nur bei der Europawahl, sondern auch in einigen Bundesländern können Jugendliche ab 16 Jahren bereits ihre Stimme bei Kommunal- und Landtagswahlen abgeben. Das ist gut so. Schaut man auf die letzte Europawahl, lag die Wahlbeteiligung bei nur 50%. Studien zeigen, dass eine Herabsenkung des Wahlalters die Wahlbeteiligung nachhaltig steigern würde. Wir müssen jungen Menschen Formen wirksamer Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Formen der Partizipation sich über alle politischen Themenfelder erstrecken und umfassend aufgestellt sind. Eine bessere Möglichkeit als das Wahlrecht gibt es in unserer Demokratie nicht.
Deswegen möchten wir noch weiter gehen und machen uns auch für eine Senkung des Wahlalters bei der Bundestagswahl stark, damit sich junge Menschen auch hier schon früh demokratisch einbringen können.
Artikelbild: Ulrike Leone / Pixabay.
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