PLENUM 06/2023 | Carsten Träger: Bedrohte Tiere nicht dem Wahlkampf opfern

28. April 2023

Die Bayerische Staatsregierung will bedrohte Tierarten wie Wölfe, die europaweit unter höchstem Schutzstatus stehen, zum Abschuss freigeben. Flankierend hat die Union einen passenden Antrag als Nebelkerze in den Bundestag eingebracht, um davon abzulenken, dass ihre Politik keine Rechtsgrundlage hat.

Markus Söders Wahlkampfmanöver werden immer bizarrer. Für eine kantige Schlagzeile rückt er die nach Bayern zurückgekehrten Wölfe und andere Tierarten im wahrsten Wortsinn ins Fadenkreuz. Dabei ist der Schutz des Wolfes und der Umgang mit ihm klar europa- und bundesrechtlich geregelt. Es ist ein weiterer Schritt hin zum völligen Abschied von seriöser politischer Arbeit der CSU/FW-Staatsregierung.

In Bayern gibt es einen hervorragenden Leitfaden für den Umgang mit dem Wolf. Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat gemeinsam mit den Naturschutzverbänden den „Aktionsplan Wolf“ entwickelt. Er enthält alles, was es für den Umgang mit den Wölfen in Bayern braucht und beschreibt klar, wann eine Entnahme geboten ist - sie ist tatsächlich schon heute möglich! Außer Frage steht: Wenn ein Wolf gefährlich wird, dann muss er geschossen werden. Wenn aber nicht, dann nicht. Diese harte Arbeit und Expertise der Naturschutzverbände tritt Söder einmal mehr mit Füßen.

Die neue Verordnung Söders und Aiwangers wird rechtlich kaum Bestand haben – genausowenig wie die Abschussgenehmigungen für den „Traunsteiner Wolf“ im vergangenen Jahr. Die Verordnung sieht vor, dass künftig in nicht schützbaren Weidegebieten die Landratsämter Abschussgenehmigungen für jeden Wolf, der in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang angetroffen wird, erteilen können. Wenn Söder dabei von „großen“ Populationen spricht, geht es tatsächlich um insgesamt rund 23 Wölfe in Bayern.

Natürlich ist die Rückkehr des Wolfes nach Bayern nicht konfliktfrei, insbesondere mit der Land- und Weidewirtschaft. Politik muss die Konflikte moderieren, ausgleichen, Lösungen finden und das Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf organisieren. Eine jahrhundertelang hier heimische Tierart nach ihrer Rückkehr für den schnellen Abschuss freizugeben und ihre erneute Ausrottung in Deutschland zu riskieren, kann aber nicht die Antwort seriöser Politik sein.

Entsprechend unseriös war auch der Antrag der Union im Bundestag, der behauptete, die FFH-Richtlinie, in der der Schutz der gefährdeten Tiere geregelt ist, sei ungenügend in Bundesrecht umgesetzt. Die Union weiß dabei ganz genau, dass der von ihr angesprochene Artikel auch nach Auffassung der EU-Kommission gar keine zusätzlichen Spielräume für Entnahmen eröffnet. Eine politische Nebelkerze, um die Debatte unübersichtlicher zu machen und die fehlende Rechtsgrundlage ihrer Politik zu verschleiern.

Statt das Leben streng geschützter Tiere mit viel Tamtam dem Wahlkampf zu opfern, sollten CSU und FW endlich die Anstrengungen des Freistaates zur Unterstützung des Herdenschutzes vorantreiben. EU-Fördergelder werden von Bayern weiter nicht ausreichend abgerufen. Der Bund engagiert sich finanziell bereits erheblich. Die populistischen Äußerungen Markus Söders auf dem Rücken des Wolfes sind einzig dem Wahlkampf geschuldet und nicht dem legitimen Interesse der Weidehalter zum Herdenschutz. Söder wird der Verantwortung seines Amtes einmal mehr in keiner Weise gerecht.

Carsten Träger | Wahlkreis Fürth

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