PLENUM 06/2023 | Jan Plobner: Warum Spielregeln hilfreich für alle Beteiligten sind

28. April 2023

Die SPD-Fraktion beschließt ein Positionspapier zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Jetzt ist der Justizminister an der Reihe.

Diskriminierung ist ein großes, abstraktes und negativ konnotiertes Wort. Und tatsächlich wirken sich Diskriminierungserfahrungen sehr schädlich auf die Menschen aus, die sie erleben. Wenn eine Person beispielsweise eine Wohnung nicht vermietet bekommt, weil sie einen Namen hat, der mit einem anderen Land assoziiert wird. Oder auch, wenn das deutsche Botschaftspersonal in einem EU-Land einen anderen Botschafter bei einem Empfang elegant wieder ausladen muss, weil auffällt, dass die baulichen Voraussetzungen nicht für einen Gast im Rollstuhl ausgelegt sind. Praktisch hat es unmittelbar negative Konsequenzen für die betroffene Person, die eine Wohnung nicht bekommt oder bei einem Empfang unter Botschafter* innen das eigene Land nicht vertreten kann.

In jedem Fall markiert eine Diskriminierungserfahrung die betroffene Person immer als eine Art Mensch zweiter Klasse. Einen Menschen, der nicht dazu gehört. Dass solche Erfahrungen sich auf das Selbstwertgefühl und langfristig auf körperliche Eigenschaften, wie das Stresslevel, die Schlafqualität, den Herzkreislauf und das Immunsystem niederschlagen, ist kaum überraschend.

Gleichzeitig muss all diesen Diskriminierungserfahrungen natürlich kein böser Wille unterstellt werden. Beim Bau der Botschaft hat womöglich niemand daran gedacht, dass es Menschen mit einer Lebensrealität und Bedarfen gibt, die der eigenen fremd sind. Und selbst die vermietende Person ist womöglich intuitiven (und gesellschaftlich verbreiteten) Vorurteilen aufgesessen, dass Menschen mit einem „anders“ klingenden Namen lauter sind, in größeren Familien zusammenleben oder oft geruchsintensiv kochen.

Der Begriff Diskriminierung offenbart also ein Spannungsfeld: Einerseits sind da Menschen, die in gewisser Weise fehlbar sind, weil sie Menschen sind. Andererseits sind da Menschen, die mit durchaus gravierenden Folgen ausgeschlossen werden, die als „anders“ und „ungewohnt“ wahrgenommen werden. Es ist also am Ende wie beim „Mensch ärgere dich nicht“: Alle wollen so schnell wie möglich ihre Figuren ins Haus bringen, aber es ist schädlich für alle, wenn dabei Menschen übervorteilt oder ausgeschlossen werden. Es braucht Regeln, die für alle gelten und klar festlegen, wie man miteinander umgeht – damit niemand übervorteilt oder ausgeschlossen wird und alle Beteiligten Spaß am Spiel haben. Es braucht klare Regeln, die für alle definieren, was eine Diskriminierung ist, wie ihnen vorgebeugt wird und welche Folgen sie hat. Kurz: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist nichts anderes als eine Art Spielanleitung für einen etwas größeren Zusammenhang. Es legt Regeln fest, die für alle gelten und schafft Sicherheit. Für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind. Aber vor allem auch für Menschen, die niemals in böswilliger Absicht andere Menschen diskriminieren würden und deshalb dankbar für eine Orientierung sind. Es ist deshalb sinnvoll und richtig, dass wir uns als SPD-Fraktion jetzt verstärkt dafür einsetzen, dieses AGG zu reformieren und zum Beispiel klären, welche bauliche Voraussetzungen für Menschen mit Rollstuhl getroffen werden müssen oder welche Regeln für Vermieter*innen von Wohnungen gelten.

Was wir konkret wollen:

  • Bessere Klagemöglichkeiten für Betroffene
  • Härtere Sanktionen bei Diskriminierung
  • Präzisierung und Erweiterung der Diskriminierungsmerkmale und -formen
  • Diskriminierungsschutz im Bereich Wohnen ausweiten
  • Diskriminierungsschutz auch gegenüber Behörden
  • Beratungsstrukturen deutschlandweit fördern

Jan Plobner | Wahlkreis Nürnberger Land und Roth

Obere Badgasse 6 · 90518 Altdorf bei Nürnberg
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