PLENUM 04/2023 | Jan Plobner: Endlich: Queere Menschen sollen frei Blut spenden dürfen

23. März 2023

Der Bundestag verabschiedet eine gesetzliche Verpflichtung der Ärztekammer, auf Diskriminierung bei queeren Menschen zu verzichten.

Es mutet an, wie aus einer anderen Zeit. Und ehrlich gesagt ist es das auch: Als in den 80er Jahren das HI-Virus grassierte, bekam es sehr schnell und sehr deutlich den Stempel aufgedrückt, eine „Schwulenkrankheit“ zu sein. Homosexuelle Männer gerieten schlagartig in den misstrauischen Blick der Öffentlichkeit, und es ist nur der damaligen Gesundheitsministerin zu verdanken, dass der Staat mit Aufklärung und Beratung reagierte – und nicht mit Maßnahmen, die diese Gruppe noch weiterausgegrenzt hätte. Einer der womöglich ersten viralen Clips ist also Ausdruck eines progressiven und wirkungsvollen Umgangs mit dieser Krankheit: „Tina, was kosten die Kondome?“.

Den progressiven Blick, den Rita Süssmuth schon in den 80er Jahren hatte, hat die Bundesärztekammer leider bis heute noch nicht. Die Ärztekammer schloss mit dem Aufkommen des HI-Virus „Männer, die Sex mit Männern haben“ (MSM) pauschal von der Blutspende aus, damit das Virus nicht über Blutkonserven übertragen wird. In der Zwischenzeit haben sich sowohl die Testmöglichkeiten, als auch die gesellschaftliche Realität verändert: Blutkonserven werden so gründlich auf alle erdenkbaren Krankheiten getestet, dass eine Übertragung auf diesem Wege praktisch ausgeschlossen ist. Außerdem ist die pauschale Zuschreibung von AIDS und MSM nicht haltbar, weil auch in heterosexuellen Kontexten AIDS vorkommt und in queeren Communitys eine deutlich erhöhte Sensibilität für die Krankheit vorherrscht.

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Insbesondere schwule Männer nehmen verbreitet vorsorgende Medikamente ein, die eine Ansteckung und Übertragung mit dem Virus verhindern. Es gibt also keinen Grund mehr für einen pauschalen Ausschluss von der Blutspende – und ein solch pauschaler Ausschluss ist mit Blick auf den Diskriminierungsschutz des Grundgesetzes auch in keiner Weise zu rechtfertigen.

Umso erstaunlicher also, dass sich die Bundesärztekammer auch heute mit Händen und Füßen gegen eine vollständige Gleichstellung sträubt. Bereits seit Jahren gibt es Diskussionen über diese Diskriminierung. Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn ist daraufhin bereits in eine recht deutliche Auseinandersetzung mit der Ärztekammer gegangen, mit einem Kompromiss als Ergebnis, der nach wie vor nicht die Lösung war. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung wurde sich deshalb auf die unmissverständliche Formulierung geeinigt, man werde „Das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, sowie für Trans Personen [ab]schaffen […], nötigenfalls auch gesetzlich.“

In der Folge haben wir jetzt also tatsächlich eine Gesetzesänderung verabschiedet, die die Ärztekammer verpflichtet, neue Richtlinien für die Auswahl der Spender*innen zu erlassen. Dabei darf nicht mehr auf die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität abgezielt werden, sondern maximal auf ein individuelles sexuelles Risikoverhalten. Die Ärztekammer hat nun vier Monate Zeit zur Umsetzung dieser neuen Vorgaben.

Dass diese Verpflichtung jetzt unmissverständlich ins Gesetz geschrieben wurde, ist ein wichtiges Zeichen, denn der Schutz vor Diskriminierung gilt auch für queere Menschen. Jetzt ist es an der Bundesärztekammer dies auch tatsächlich umzusetzen!

Jan Plobner | Wahlkreis Nürnberger Land und Roth

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